Unter Hypnose geringeres Schmerzempfinden

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Eingriffe ohne herkömmliche Narkotika

Jena  – Unter Hypnose würden Schmerzimpulse zwar registriert, die Verarbeitung der Signale jedoch so sehr beeinträchtig sein, dass die Informationen keine “Alarmreaktion” auslösen würde. Die Erkenntnisse aus diesen Studien wolle das Team um Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner der Friedrich-Schiller-Universität Jena nun nutzen, um objektive Messverfahren für die Bewusstseinstiefe zu entwickeln.

“Wir alle kennen Bilder von Menschen, die sich unter Selbsthypnose ihre Haut mit Spießen durchbohren”, erinnert Wolfgang Miltner. “Dabei blutet die Wunde kaum, und der Proband zeigt keinerlei Schmerzsymptome.” Der Professor hält die Hypnose für eine Möglichkeit kleinere Eingriffe medikamentenfrei durchzuführen.

Das Team sei weiter der Frage nachgegangen, wie Hypnose im Gehirn wirkt. In mehreren Studien sei die Haut der Probanten mit einem elektrischen oder Laserhitzereiz stimuliert worden. Schmerzen, so habe sich herausgestellt, seien ganz subjektive Erfahrungen. Die Schmerzwahrnehmung hänge vor allem von den Probanden selbst und deren augenblicklicher Situation ab. Die Mitteilung beschreibt, dass die individuellen Empfindungen sehr unterschiedlich gewesen seien.

Die Jenaer Psychologen experimentierten dann alternativ mit Hypnose und der so genannten Aufmerksamkeitsablenkung. Das ist ein Trick, den auch Ärzte anwenden, wenn sie einen Patienten in den Arm kneifen, während sie zum Beispiel eine schmerzhafte Spritze in die Bauchdecke verabreichen. “Beide Techniken führten dazu, dass Schmerzreize weniger intensiv wahrgenommen und unter Hypnose teilweise überhaupt nicht mehr registriert werden”, fasst Miltner die Ergebnisse zusammen.

Die Elektroenzephalographie (EEG) habe gezeigt, dass bereits nach 150 bis 260 Millisekunden der externe Reiz starke Gehirnaktivitäten auslöse. Der gesamte Prozess des Phänomens dauert gerade 1,4 Sekunden. Die Amplitude bei den hoch sensiblen Messverfahren wird allein von der subjektiven Schmerzverarbeitung bestimmt. “Eine Aufmerksamkeitsablenkung irritiert bereits die Informationsvorverarbeitung im Hirnstamm, so dass nur ein geringer Teil der Information das Gehirn erreicht”, stellte Miltners Team fest.

Unter Hypnose werde die volle Information an die Gehirnrinde geleitet. Dort aber ihre weitere Verarbeitung blockiert. Miltner: “Unsere Aufnahmen zeigen, dass in den verantwortlichen Hirnregionen hohe neuronale Aktivitäten herrschen, die Schmerzreize aber quasi keine Alarmreaktion auslösen.” Warum das so ist, haben die Jenaer Psychologen noch nicht bis ins letzte Detail ergründet. Sie vermuten aber, dass Hypnose – genauso wie eine Anästhesie mit Narkosemitteln – die gehirninterne Kommunikation stört oder sogar unterbindet. “Wir vermuten, dass unter Hypnose die Informationen im Cortex nicht mehr ,normal’ zusammenlaufen.” Für diese Theorie sprächen auch die bisherigen Untersuchungsergebnisse. Auf deren Basis wolle Miltners Jenaer Team im nächsten Schritt Methoden entwickeln, um die Bewusstseinstiefe von Probanden und Patienten objektiv feststellen zu können. Ansprechpartner: Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner Institut für Psychologie der Uni Jena, E-Mail: miltner@biopsy.uni-jena.de (LifeScience)

(pte009/23.07.2000/12:40)
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